Rita Süssmuth Ministerin –Im Juni 1986 wurde das Bundesministerium um eine neue Abteilung für Frauenpolitik erweitert und Rita Süssmuth zur ersten Ministerin der Bundesrepublik Deutschland ernannt. Ein Schild vor dem Büro der ersten Ministerin wies sie als „Bundesministerin“ aus, eine Bezeichnung, die bis dahin nur für männliche Minister verwendet worden war.
Bevor Rita Süssmuth 1971 in die Politik ging, war sie als ordentliche Professorin für Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ruhr tätig und übernahm 1973 die Rektorstelle der Universität Dortmund. 1964 promovierte sie dort. Parallel engagierte sie sich auch politisch und wurde 1971 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen des Bundesfamilienministeriums, dem sie bis 1985 angehörte.
Darüber hinaus wurde sie 1977 Mitglied der Dritten Familienerfassungskommission. 1981 trat sie der CDU bei und erlangte durch ihre Mitarbeit im Fachausschuss Familienpolitik der Partei schnell Bekanntheit.
Von 1982 bis 1985 leitete sie das Institut für Frauen- und Gesellschaftsforschung der Universität Hannover. Von 1988 bis 1998 war sie Präsidentin des Deutschen Bundestages und von 1987 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1986 bis 2001 war sie Präsidentin der Frauen Union, von 1987 bis 1998 im Vorstand der CDU und von 2000 bis 2001 Vorsitzende der Unabhängigen Kommission Zuwanderung.
Familienfreundliche frühkindliche Bildung und Betreuung waren damals ein heiß diskutiertes Thema, ebenso wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Viele Frauen hatten damals das Gefühl, zwischen zwei schlechten Optionen wählen zu müssen.
In Rita Süssmuths Amtszeit wurde unter anderem das Kinderbetreuungs- und Rentengesetz verabschiedet. Pro Kind wurde zunächst ein Jahr Rentenversicherungsschutz anerkannt. Anlässlich ihres 80. Geburtstags zieht sie Bilanz, was sie durch ihr Engagement in Frauenforschung und -politik über Einschränkungen, Unterbewertung und Diskriminierung gelernt hat.
Familienministerin und Bundestagspräsidentin a.D. Rita Süssmuth zieht Bilanz, blickt aber nicht zurück: Vielmehr richtet sie ihren Brief an ihre fünf Neffen und an alle anderen, die die Zukunft der Gesellschaft mitgestalten werden.
Rita Süssmuths Politik ist geprägt von Güte und Respekt, Tugend und Mut. Als Ministerin hat Rita Süssmuth diese Werte genutzt, um unmenschliche Entscheidungen zu verhindern, Beziehungen zu mächtigen Menschen aufzubauen, Sturheit und Vorurteile zu überwinden und die Hoffnung auf die Menschheit und ihr Potenzial aufrechtzuerhalten. Ihr ursprüngliches Motto lautet: „Steh öfter auf, als du hinfällst.“
Dieses Buch von Rita Süssmuth ist ein Appell an die nächste Generation, ihr Schicksal nicht in die Hände von Mischlingen, Herrschern und Zynikern zu legen, sondern die Zeit für Werte zu nutzen und Menschlichkeit möglich zu machen, denn „diese Welt ist dafür zu schön.“
Jetzt bei bene erhältlich: das kraftvolle, aufschlussreiche und erschreckende Buch (Hardcover, 112 Seiten | 12,00 €). Anlässlich des Weltfrauentags senden wir erneut ein Interview mit der CDU-Politikerin Rita Süßmuth. Am 2. Oktober 2014 sagte sie Katrin Heise, dass sie sich als erste Ministerin Deutschlands Zeit nehmen müsse, um die nötige Entscheidungskompetenz zu entwickeln.
Nach 40 Jahren Einsatz für mehr Frauenbeteiligung zieht Rita Süssmuth ein düsteres Fazit. Vor allem in der Politik habe es kaum Fortschritte gegeben. Im Interview mit tagesschau.de sagt sie: „Fortschritte kommen nur nach einem Kampf.“ Sie mussten politische Hürden überwinden; gibt es einen Bereich, in dem Sie im Rückblick noch mehr Reue empfinden würden? Rita Süssmuth: Ich wollte nicht nur den Status Quo verwalten; ich wollte Politik gestalten.
Wir forderten Veränderungen, aber es gab starke Einwände. Ich musste herausfinden, wie ich ein gewisses Schneckentempo überwinden konnte. Die CDU schaffte es damals nicht, einen bestimmten Stimmenanteil (30%, das Quorum) zu erreichen. Ich war zweimal enttäuscht, weil die Formulierungen nie mehr als ein Vorschlag waren.tagesschau.de: Aus heutiger Sicht hätten Sie politisch radikaler agieren müssen.
Süssmuth: Eine entscheidende Frage im Hinblick auf den Weltfrauentag. Das offizielle politische Establishment war damals gegen uns, aber das heutige politische Klima verlangt von mir eine radikalere Haltung. Als Ministerin musste ich auf die harte Tour lernen, nicht mehr zu betteln, sondern zu ermitteln oder einen Präzedenzfall zu schaffen.
Ich fühle mich nicht mehr ganz so isoliert.tagesschau.de: Sehen Sie sich nicht mehr als Außenseiter? Süssmuth: Manchmal fühle ich mich noch immer als Außenseiter. Aber mittlerweile gibt es ein viel größeres Netzwerk an Menschen, die bereit sind zu helfen.
Allerdings führen wir eine hitzige Debatte über strittige Fragen und kommen dabei immer wieder auf die zentrale Bestimmung des Grundgesetzes zurück: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung (…) und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ (Artikel 3 Absatz 2 Satz 2).
Dieser Teil des Grundgesetzes wird oft übersehen. Es scheint, als sei das Wahlrecht wichtiger als die Forderung nach Gleichberechtigung.tagesschau.de: Sie verweisen auf die beiden gescheiterten Versuche der Bundesländer, die Gleichberechtigung der Geschlechter im Hörfunk und Fernsehen per Gesetz zu verankern.
Glauben Sie, dass mit Hilfe der CDU bald ein Paritätsgesetz verabschiedet werden kann? Süssmuth: Die Struktur- und Syntaktische Kommission hat ein schrittweises Vorgehen beschlossen. Eine Entscheidung der Partei dazu gibt es noch nicht. Unabhängig davon werden wir weiter für eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen in der Politik kämpfen. Ich nicht, ganz und gar nicht. Und ich kenne viele Frauen und Kolleginnen, die auch jetzt nicht aufgeben werden.
Fortschritt ist das Ergebnis eines Kampfes. Für uns bedeutet das nicht aufgeben, sondern die Gesetze mit der Verfassung in Einklang zu bringen. Und jetzt ist es an der Zeit, „Parität jetzt“ zu erklären, anstatt noch ein Jahrhundert zu warten.
Warum sind Frauen im öffentlichen Dienst noch immer mit so vielen Widrigkeiten konfrontiert? Auch in der heutigen Zeit müssen Frauen immer noch auf die harte Tour lernen, was es heißt, für die Gleichberechtigung der Geschlechter zu kämpfen. Da sie weder von außen noch von der Partei selbst Unterstützung erhalten, landen sie an Orten, wo sie wahrscheinlich kein Mandat erhalten.
Dass sie deshalb nicht für ein Amt kandidierte, ist nicht verwunderlich. Diese möglichen Konsequenzen erschweren zudem die Anwerbung von Frauen, die aktiv auf Jobsuche sind. Süssmuth: Seien Sie sich der Konsequenzen Ihres Handelns bewusst, wenn Sie sich entscheiden, aus der Gruppe auszubrechen.
Erst als sich Frauen dem Widerstand anschlossen und standhaft blieben, begannen sich die Dinge zu ändern.tagesschau.de: Angela Merkel, die erste Frau an der Spitze der deutschen Regierung, ist seit über 15 Jahren im Amt und fast ebenso lange Vorsitzende der CDU.
Welche Wirkung hatte sie auf Frauen? Süssmuth: Sie hat als Frau bewiesen, dass wir es schaffen können. Eine Frau, die anders führt als ihre Vorgänger; sie hat keine Angst, Macht auszunutzen und zu missbrauchen.
Aber Konsens und breite Zustimmung.tagesschau.de: Hört man sich Ihre kritischen Kommentare an, scheint der Effekt auf die von Ihnen angestrebte Gleichberechtigung gering zu sein.Süssmuth: Sie betonen, dass der Frauenanteil im Parlament eine Grundfrage unserer Demokratie sei und Geschlechterparität das Ziel sein müsse.
Ich hoffe, dass sie ihre Macht überall dort nutzt, wo sie kann, um sich für eine stärkere Beteiligung der Frauen einzusetzen. Noch hat sie Zeit, bei der kommenden Bundestagswahl im September etwas zu bewirken. Nach dem Motto „Wo sind die anderen Frauen?“
Die mangelnde Attraktivität der Partei für Frauen wirft jedoch die Frage auf: Warum? Sexistische Bemerkung: Drei weibliche Spitzenpolitiker zu haben, bedeutet nicht, dass die Geschlechter gleichberechtigt sind. Wo sind all die anderen Frauen? Wir haben mehr Potenzial als tatsächliche Beteiligung. Bisher konnten wir keine Chancen aufzeigen; wir müssen uns verbessern.