Nachruf auf Gerhard Gundermann – Deutscher Liedermacher und Rockmusiker Gerhard Rüdiger „Gundi“ Gundermann geboren am 21. Februar 1955 in Weimar; gestorben am 21. Juni 1998 in Spreetal. Seit den 1980er Jahren war Gundermann, ein Baggerfahrer aus der DDR, Sprecher der Bevölkerung des Lausitzer Braunkohlereviers. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands beschäftigte er sich zunehmend mit Umweltthemen und äußerte sich kritisch zu den gesellschaftlichen Veränderungen im Osten.
Seine melancholischen Lieder offenbaren oft eine tief empfundene Auseinandersetzung mit Themen wie sterbende Fabrikstädte, Tod, Alltagsgeschichten, Umwelt oder Arbeitslosigkeit. Gundermanns Liedern wird durch die auf diese Weise präsentierten Themen eine persönliche Authentizität zugesprochen.
Frühes Leben und Kindheit
Gerhard Gundermann zog 1967 nach Hoyerswerda, einem Vorort von Cottbus. Als er 12 Jahre alt war, entdeckte Gundermann eine Handfeuerwaffe seines Vaters aus dem Zweiten Weltkrieg und zeigte sie stolz seinen Freunden. Sein Vater enterbte ihn, nachdem er wegen illegalen Waffenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Gundermann machte 1973 sein Abitur und begann eine Ausbildung zum politischen Offizier der NVA an der Ernst-Thälmann-Offizierschule der Landstreitkräfte in Löbau, wo er im Armeechor mitwirkte.
Wegen seiner Weigerung, die Lobeshymnen auf General Heinz Hoffmann anzustimmen, wurde er 1975 von der Universität exmatrikuliert und arbeitete seither als Bergmann im Tagebau Spreetal.
Mitarbeit in der SED, Tätigkeit als IM und politisches Engagement
Ab 1976 besuchte er eine Abendschule, um Facharbeiter zu werden, und war anschließend als informeller Ministerialangestellter beim Ministerium für Staatssicherheit beschäftigt. Der Name „Grigori“ ist ein von ihm gewähltes Pseudonym. Er trat der SED 1977 als Kandidat bei – der erste Schritt zur Vollmitgliedschaft – und wurde im folgenden Jahr „aufgrund seiner eigenen unerwünschten Meinung“ ausgeschlossen, so die offizielle Linie der Partei. Der Ausschluss wurde nach Einreichen von Beschwerden dann auf eine „schwere Rüge“ reduziert.
degradiert. 1984 wurde er wegen „prinzipiellen Eigensinns“ aus der SED geworfen. Im Jahr darauf endete seine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit. 1981 erhielt er von der FDJ für seine Leistungen als IM 1.500 Punkte und die bronzene Artur-Becker-Medaille. Bei der Volkskammerwahl am 18. März 1990 kandidierte er erfolglos für das Aktionsbündnis Vereinigte Linke.
Die Verwicklung des Ministeriums für Staatssicherheit in Gundermanns Aktivitäten wurde erstmals 1995 bekannt. Der Sänger entschuldigte sich für sein Schweigen über seine Zeit als Spion. Auf die Frage, wie er seine Rolle als IM empfinde, antwortete er: „Ich sehe mich nicht als Opfer, nicht als Täter. Ich habe Geschäfte gemacht und Geld von der DDR bekommen, von wem sonst? Und das habe ich. Denn dafür existiere ich.“ Sein Lied Sieglinde kann man als Versuch eines Musicals lesen, sich mit der eigenen Geschichte zu versöhnen.
Die ersten Noten der Musik
1978 nahm Gundermann mit der Gesangsgruppe Hoyerswerda an den politischen Liedertagen in Ostberlin teil. Im selben Jahr wurde die Gesangsgruppe Brigade Feuerstein genannt. Die Uraufführung des musikalischen Märchens Raskadonia fand statt. 1980/81 arbeitete Gundermann mit Alfons Förster am Kindermusical Malvina, mit dem er mit der Brigade Feuerstein auf Tournee ging und großen Erfolg hatte. Conny, Gundermanns spätere Frau, war Mitglied des Ensembles und spielte Malvina.
Höhepunkte seiner frühen Karriere als Solokünstler
Nach seinem Debüt als Liedermacher im Jahr 1986 gewann er 1987 bei den Chanson-Tagen der DDR sowohl den Hauptpreis als auch den Schallplattenpreis. Sein erstes vollständiges Album erschien 1988 und wurde wie seine übrigen offiziellen Studioalben nicht im Singer-Songwriter-Stil aufgenommen, sondern mit verschiedenen Rockbands wie Gundermann and Friends, Die Wilderer und schließlich 1992 mit Gundermann & Seilschaft. Als Gundermann erkannte, dass die Mitglieder der Feuerstein Brigade seine hohen Ansprüche nicht teilten, trennten er und die Band sich.
Obwohl sich die Band 1989 offiziell auflöste, kam sie gelegentlich wieder zusammen, um zu spielen, wenn sich das politische Klima änderte. 1989 steuerte Gundermann Texte zum Album February der beliebten ostdeutschen Band Silly bei. Am 1. März 1989 hielt er auf dem Kongress der Unterhaltungskunst in der DDR eine Rede, in der er die neuen Ideen des sowjetischen Führers Michail Gorbatschow widerspiegelte.
Erfolg und Anerkennung im Fernen Osten
Der „singende Baggerfahrer aus der Lausitz“ und seine Seilschaft hatten in den 90er Jahren viel kreativen Freiraum, Songtitel wie „Engel über dem Revier“ (über die musikalische Verarbeitung der lebensverändernden Befreiung des Fahrers aus einer offenen Krise 1997 durch die Band Pit Mine) und „Hier wurde ich geboren“ über den Geburtsort des Sängers sammelten eine schnell wachsende Gruppe treuer Anhänger. Gundermann wurde im Osten mit seinen Liedern über heruntergekommene Industriegebiete, Leben und Tod, Alltagsgeschichten, Umwelt und Arbeitslosigkeit bekannt, aber in
Bis zu seinem Lebensende war er im Westen weitgehend unbekannt. In seinen jüngsten Werken geht es vor allem um eine kritisch-poetische Auseinandersetzung mit der deutschen Wiedervereinigung und ihren Auswirkungen auf Ostdeutschland. Die Themen Ausbeutung, Menschen, Natur, Ökologie, Armut, Arbeit und Reichtum waren ihm dabei sehr wichtig. Neben Auftritten mit seiner Band Seilschaft, mit der er seit 1993 alle seine Alben aufgenommen hat, tritt Gundermann auch häufig als Singer-Songwriter mit eigenen Soloprogrammen auf und hat an zahlreichen Projekten mitgewirkt,
etwa im Programm Doppelkopp mit seinem Musikerkollegen Manfred Maurenbrecher. Zu den Nutznießern der Förderung durch Gundermann & Seilschaft 1994 zählten Bob Dylan und Joan Baez. Vor seinem Tod spielte er mehrere Konzerte in der Kulturfabrik Hoyerswerda, wo er 1997 das Singer-Songwriter-Festival Hoyschrecke mitorganisiert hatte. 1998 erschien eine CD mit Mitschnitten seines letzten Auftritts, der eine Woche vor seinem Tod in Krams stattfand.
Häusliche und individuelle Belange
1983 heiratete Gundermann. 1992 kam die gemeinsame Tochter Linda zur Welt. Seine Frau Cornelia kannte er seit der Grundschule. Gundermann war abstinenter Raucher und Alkoholiker. Er ernährte sich pflanzlich. Er arbeitete noch lange als Baggerfahrer im Braunkohlebergwerk, als er mit seiner Musik schon genug Geld hätte verdienen können, um sich allein zu ernähren. Nach der Schließung des Bergwerks 1997 begann er eine Ausbildung zum Tischler. Um der Kommerzialisierung seiner Musik zu entgehen,
Er hielt an dem Grundsatz fest, seinen Lebensunterhalt durch „echte“ Arbeit und nicht durch Kunst zu verdienen, was zu einem sehr arbeitsreichen, aber schlaflosen Lebensstil führte. Oft gab er dreistündige Konzerte, denen unmittelbar achtstündige Schichten folgten, oder umgekehrt, ohne Pause.
Tod
Gerhard Gundermann starb im Juni 1998 im Alter von 43 Jahren in seinem Heimatort Spreetal an den Folgen eines Schlaganfalls. Er ließ seine vierköpfige Familie zu Hause zurück. Er ist auf dem Waldfriedhof Hoyerswerda beerdigt.
Nachwirkungen
Am 12. September 1998 trat die Seilschaft zusammen mit zahlreichen Künstlern und Weggefährten, darunter Liedermacher Gerhard Schöne, Chansonsängerin Barbara Thalheim, Schauspieler Thomas Rühmann und die Flint Brigade, bei einem großen Gedenkkonzert für Gundermann auf der Freilichtbühne in Berlin-Weißensee auf. Sein Nachlass wird seit 1999 von der Gundermanns Seilschaft e. V. verwaltet. Seine Musik und die Ideen, die sie inspiriert haben, müssen vor allem anderen bewahrt werden.
Einige Künstler des Landestheaters Tübingen, angeführt von Heiner Kondschak als Musiker, Schauspieler und Regisseur, gründeten im Jahr 2000 die Randgruppencombo. Die Band hat drei Musikalben veröffentlicht, die allesamt Lieder Gundermanns enthalten. Die Gruppe hat seit ihrer Gründung mehr als hundert Konzerte gegeben und so dazu beigetragen, Gundermann und seine Kompositionen in den neuen Bundesländern bekannt zu machen.