Christian Lindner Porsche – Der SMS-Kontakt sei erst zustande gekommen, nachdem die Bundesregierung im Juni auf EU-Ebene zu dem Thema Stellung bezogen habe, hieß es gegenüber der Deutschen Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Das Handelsblatt hatte bereits am 28. Juni über die SMS berichtet.
Nach dpa-Informationen verschickte Lindner seine Botschaft rund 16 Stunden nach der Abgabe des deutschen Positionspapiers in Brüssel. Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke stellte derweil medial die einheitliche Haltung der Ampel-Regierung infrage.
In einem Brief von Lindner an Blume erklärt dieser, dass es sinnvoll wäre, eine weitere Stimme hinzuzufügen, die auf das Potenzial von E-Fuels hinweist. In einer solchen Situation kann ich überzeugende Beweise durchaus gebrauchen. Porsche setzt als Ergänzung zur Elektromobilität zunehmend auf synthetische Kraftstoffe, insbesondere beim Topmodell 911.
Ende Juni hatten sich innerhalb der Ampel-Koalition die Spannungen über die Frage verschärft, ob der Verkauf neuer Dieselfahrzeuge in der Europäischen Union über das Jahr 2035 hinaus verboten werden soll. Lindner hatte die Verbotspläne unter Berufung auf den Koalitionsvertrag abgelehnt.
Darin hat die Initiative ergriffen, die Zulassung neuer Modelle mit Verbrennungsmotoren nach 2035 zu verbieten; er schlägt jedoch vor, eine Ausnahme für Fahrzeuge zu machen, die ausschließlich mit Elektrokraftstoff betrieben werden können. E-Fuels sind alternative Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren, die weniger Schadstoffe verursachen als herkömmliches Benzin oder Diesel.
Gerade erst lehnte das Bundesfinanzministerium eine Auskunftsanfrage von abgeordnetenwatch.de mit der Begründung ab, die Textnachrichten der Seite seien zu vage oder zu persönlich. Auch Unterlagen zu Volker Wissings Porsche-Rücktritten hält sein Verkehrsministerium zurück. Normalerweise sind es Lobbyisten, die mit einer Anfrage an Politiker herantreten, am 28. Juni waren die Rollen jedoch vertauscht.
Lindner nutzte die Unterstützung des Porsche-Chefs als Waffe gegen seine Kabinettskollegin Steffi Lemke. Die grüne Umweltministerin hatte die einheitliche Haltung der Bundesregierung für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) infrage gestellt, der FDP-Mann suchte deshalb nach Verbündeten.
Dank des Handelsblatts gelangten die Inhalte von Lindners Textnachrichten an die Öffentlichkeit. Was der deutsche Finanzminister und Porsche-Chef über diesen einen Satz hinaus tatsächlich schrieb, ist nicht bekannt – nicht nur zum Thema „E-Fuels“, sondern auch zu anderen Themen. Dies soll nach dem Willen von Lindners Ministerium auch so bleiben.
SMS-basiertes Krisenmanagement als Reaktion auf eine Satiresendung im ZDF
Ein Auskunftsersuchen von abgeordnetenwatch.de zu „sämtlichen Kontakten zwischen der Leitungsebene des BMF und Vertretern der Porsche AG“ lehnte das BMF in einem knapp achtseitigen Schreiben ab. In dem Schreiben des BMF an abgeordnetenwatch.de ist von 15 SMS und 2 Telefonaten im Juni und Juli 2022 die Rede.
Der anschließende Informationsaustausch verlief wie folgt:
Am 28. Juni tauschten Lindner und Blume insgesamt vier SMS zum Thema „E-Fuels“ aus, darunter auch die oben zitierte. In der Europäischen Union sollen Dieselmotoren ab 2035 verboten werden. Sowohl Lindner als auch der Autokonzern plädieren für die weitere Nutzung von Verbrennern mit synthetisch hergestellten „E-Fuels“.
Der FDP-Chef und Blume hatten dazu bereits im Oktober 2021 bei der Regierungsbildung ein Telefonat geführt. Die Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP haben sich dafür stark gemacht, erstmals nur noch elektrisch betriebene Fahrzeuge zulassen zu dürfen.
Am 22. und 23. tauschten der Finanzminister und der Porsche-Chef insgesamt neun SMS und zwei Telefonate aus. Auslöser des sogenannten «Porschegate»-Skandals waren Recherchen des ZDF-Satiremagazins «Die Anstalt». In der Sendung wurden Blumes Äußerungen aus einer internen Firmenbesprechung öffentlich ausgestrahlt. Dort prahlte der Porsche-Chef damit, wie gut Lindner ihn sowohl über die Koalitionsverhandlungen als auch über den Streit um den Ausstieg aus Turbo-Benzinmotoren informiert habe.
Ab Juni tauschten Finanzminister Lindner und Porsche-Chef Blume zwei Textnachrichten aus: Am 6. Juni gratulierte Lindner Blume zum Geburtstag und am 10. Juni bedankte sich Blume für seine Rücksichtnahme. Über die Gespräche zwischen Finanzminister Lindner und Porsche ist bereits viel geschrieben worden, über die Gespräche ist jedoch nichts bekannt.
Die ZDF-Satiresendung „Die Anstalt“ behauptet, Porsche-Chef Oliver Blume, der erst am Freitag zum Chef des Volkswagen-Konzerns aufgestiegen war, habe bei einer Konzernkonferenz über seinen Einfluss auf die Bundesregierung gesprochen. Als Folge des Porsche-Engagements seien E-Fuels, die der FDP-Chef als Alternative zu Elektrofahrzeugen favorisiert, in den Koalitionsvertrag der Ampelkoalition aufgenommen worden.
Angesichts der Art der Kritik, die an beiden Männern geübt wurde, wäre es überraschend, wenn es nicht eine Art inoffizielles Gespräch zwischen den Sprechern gegeben hätte, um herauszufinden, wie man auf die Vorwürfe reagieren sollte. Ziel ist es, verworrene Debatten aufgrund gegensätzlicher Standpunkte zu vermeiden.
Doch genau das geschah. Am Freitag kritisierte Lindner das ZDF für die Berichterstattung über sein Team auf Twitter. Es habe zuvor keinen Kontakt oder sonstige Einflussnahme mit Herrn Blume gegeben. Wie Bild berichtet, billigte selbst Porsche den Inhalt der Sendung zunächst. Als der Text dann verschickt wurde, hatte der Sprecher seine Demenz überwunden.
Stattdessen lautete die Antwort ausweichend: «Ein satirisches Stück genießt die Freiheit der Satire.» Der Tonfall von Porsche gegenüber dem SPIEGEL war bemerkenswert ähnlich. Die zweideutige Formulierung «Der Austausch hat so nicht stattgefunden» lässt darauf schließen, dass vielleicht doch kommuniziert wurde, vielleicht sogar über Koalitionsverhandlungen und alternative Kraftstoffe. Ob das Anstaltszitat von Oliver Blumes auf der Hauptversammlung stimmt, wollte das Unternehmen nicht kommentieren.
Nur ein kurzer Anruf
Damit erkennt Porsche die Glaubwürdigkeit der angeblich wohlbegründeten Behauptung des ZDF an. Und der Konzern gesteht seinem Vorstandschef Oliver Blume eine Fehlhaltung ein: Stimmt das Zitat, hat Blume entweder den Vorstand über den Erfolg des Unternehmens belogen oder als Thronfolger von Deutschlands größtem Industriekonzern ungehörigen Einfluss auf die Politik ausgeübt.
Gegenüber der „Welt am Sonntag“ hat Porsche offenbar Option 1 gewählt. Wir entschuldigen uns für die ungeschickt formulierte Stellungnahme im Rahmen einer internen Veranstaltung im Juni. Blume hat Worte gewählt, die den Tatsachen nicht gerecht werden.
Fragen müssten sich allerdings in erster Linie an den Finanzminister richten, der die Interessen des deutschen Volkes vertritt und nicht die eines einzelnen Konzerns. Lindners Demenz sei so eng definiert, dass sie selbst dann nicht ausreichen würde, wenn sich das Blumen-Zitat als falsch herausstellen sollte. Gegenüber dem SPIEGEL wollte Lindner die Geschichte am Samstag nicht kommentieren.
Allerdings räumte die FDP ein, dass der damalige Bundesfinanzminister bereits im Oktober (2021, als die Koalitionsverhandlungen offiziell begannen) „nur ein kurzes Telefonat“ mit Porsche-Chef Oliver Blume geführt habe, „um den Einsatz von E-Fuels zu hinterfragen.“ Er habe kein Interesse daran, für das 9-Euro-Ticket noch mehr zu bezahlen.
Der Schuldenerlass müsse bis spätestens 2023 erreicht werden. Zugleich schlug er eine Einkommensteuerreform vor, die die Bürger ab dem Folgejahr entlasten soll. Die staatliche Kaufförderung für Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge müsse „massiv“ gekürzt werden.
Keine Diskussion über Porsche. Am 29. Juni hält Porsche-Chef Oliver Blume eine Rede vor seinen Mitarbeitern. Porsche habe maßgeblich daran mitgewirkt, dass der erweiterte Einsatz synthetischer E-Fuels für Verbrenner im Koalitionsvertrag verankert wurde, sagte er. Die Verbindungen zu den Koalitionsparteien seien durchaus eng.
FDP-Chef Christian Lindner verteidigt im Sommerinterview des ZDF sein Gespräch mit Porsche. Er sehe es als seine Pflicht an, mit Branchen zu kommunizieren, in denen Millionen Menschen Beschäftigung fänden. Mit Porsche habe er seit seinem Amtsantritt nicht gesprochen, bis die Bundesregierung das Turbolader-Verbot beschloss, sagt Lindner. Davor habe es im Rahmen der Koalitionsverhandlungen nur ein einziges Telefonat mit dem Porsche-Chef gegeben. Lindner denkt über eine Einflussnahme nach.»
Warum Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe dreimal erfolglos versucht haben, Treffen mit ihm zu vereinbaren, erklärt Lindner so: „Es ist immer eine Freude, mit jemandem zu plaudern.“ Allerdings sehe ich bei der Deutschen Umwelthilfe derzeit keine Haltung zur Technologieoffenheit, sondern nur eine sehr einseitige.
Auch der sogenannte Gasüberschuss, der im Oktober auf die Verbraucher zukommen wird, ist Thema des Interviews. Lindner sagte, die EU fordere von Deutschland, die Mehrwertsteuer auf Erdgasexporte nicht zu erhöhen. Ich habe nach Brüssel geschrieben und alles getan, um dies rückgängig zu machen.