Anne Hähnig Alter – Anne Hähnig leitet das Leipziger Büro der ZEIT und ist deren Chefredakteurin. Sie studierte Politikwissenschaften an der Universität Leipzig und wurde 1988 im sächsischen Freiberg geboren. Sie besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Sie fragt sich, ob, in welchem Ausmaß und aus welchen Gründen Ostdeutschland unabhängig bleiben wird und was das für den Rest des Landes bedeuten könnte.
Anne Hähnig begann ihre akademische Laufbahn an der Universität Leipzig, wo sie einen Bachelor in Politikwissenschaft abschloss, bevor sie für ihren Master an die Ludwig-Maximilians-Universität München wechselte und sich an der Deutschen Journalistenschule einschrieb. Seit kurzem ist sie Redakteurin der Leipziger Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Die besten der Welt in der Anpassung
So merkwürdig es klingen mag, ich habe von ostdeutschen Frauen im Kreißsaal erfahren. Als ich vor kurzem das Leipziger Universitätsklinikum besuchte, fiel mir im Flur der Entbindungsstation eine Grafik auf: «Geburtenzahlen 1941 bis 2018». Sie belegt, dass hier innerhalb von zwei Jahren kaum Kinder geboren wurden. Das erste war 1948, kurz nach Kriegsende. Nach der Friedlichen Revolution 1994 gab es sogar noch weniger Geburten. «Die Wiedervereinigung hatte deutlichere Auswirkungen als der Krieg», sagte eine Hebamme.
Mehr als nur praktisch
Auf den ersten Blick könnte man diese Grafik mit dem Klischee erklären, dass Frauen aus dem Osten praktischer seien. Frauen in den neuen Bundesländern bekamen Anfang der 1990er Jahre kaum Kinder, vielleicht weil sie zu große Angst vor der Wiedervereinigung hatten oder weil sie zu sehr darauf fokussiert waren, in eine neue Welt aufzubrechen. Pragmatisch bedeutet, realistisch zu sein und sich darauf zu konzentrieren, eine praktische Antwort zu finden.
Anne Hahnig
ist Absolventin der Deutschen Journalistenschule in München und wurde 1988 in Freiberg im Erzgebirge geboren. Als Redakteurin im Leipziger Büro der Wochenzeitung DIE ZEIT berichtet sie hauptsächlich über Nachrichten aus Ostdeutschland und der Region. Meiner Meinung nach reicht das nicht aus, um die einzigartigen Eigenschaften vieler ostdeutscher Frauen zu erklären. Diese Damen sind meiner Meinung nach wirklich realistisch. Sie können und werden sich an alle Umstände anpassen, die das Leben ihnen bietet. Wenn sich die Umstände ändern, passen sie ihre Familienziele schnell an. Sie sind besser als alle anderen auf der Welt, wenn es um Anpassung geht.
Das Hindernis für die Befreiung
Starke, unabhängige Frauen aus dem Osten waren die Norm, als ich in den 90er Jahren als Kind in Sachsen aufwuchs. Erst viel später begann ich, mir Gedanken über sie zu machen. Frauen sind der Kitt, der meine Familie (und die meisten Familien, die ich kenne) zusammenhält. Sie sind die Autoritätsträger. Sie haben mich inspiriert, in der Schule hart zu arbeiten und als junges Mädchen an mein eigenes Potenzial zu glauben. Überraschenderweise glaube ich nicht, dass mir zu Hause beigebracht wurde, eine Feministin zu sein. Ich muss unabhängig und selbstbewusst sein. Aber eine Verfechterin der Gleichberechtigung der Geschlechter?
Ich bin in der Überzeugung erzogen worden, dass man Beschwerden zwar kritisch gegenüberstehen kann, sie aber am besten ignoriert. So kommt man voran. Mit der Zeit wurde mir bewusst, unter welchem Druck ostdeutsche Frauen in der DDR standen. Viele Leute, die ich kenne, haben immer nur erwähnt, wie freizügig sie sich damals fühlten. Und dass sie mit Vollzeitarbeit, Kinderbetreuung, Haushalt und ehrenamtlicher Arbeit so überfordert waren, dass sie allein für die Hausarbeit viermal so viel Zeit aufwendeten wie Männer?
An einer Stelle unseres Gesprächs teilte Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Stiftung Aufarbeitung und Autorin eines Buches zum Thema, diese Einsicht. „Ich glaube einfach nicht, dass die DDR ein großartiges Beispiel für Emanzipation ist“, sagte Kaminsky. Ich möchte mich dieser Metamorphose irgendwie widersetzen. Nach den Daten, die mir vorliegen, war der Mauerfall für Frauen im Osten besonders hart. Sie begannen schon in jungen Jahren, ihre Arbeit zu verlieren und in Armut zu geraten. Sie hätten diejenigen sein sollen, die innerhalb der Gruppe Verluste erlitten.
Können Sie sich erinnern, sie schon einmal stöhnen oder ächzen gehört zu haben? Heute hat sich die Situation jedoch geändert. Heute sind osteuropäische Frauen statistisch gesehen besser ausgebildet als osteuropäische Männer. Außerdem ist ihre Arbeitslosenquote niedriger. In den 1990er Jahren verließen Frauen ihre Heimat viel häufiger als Männer und gingen auf der Suche nach wirtschaftlichen Möglichkeiten ins Ausland. Aus diesem Grund gibt es in manchen Teilen Osteuropas heute fast keine Frauen mehr.
In Ermangelung einer solchen Meinungsverschiedenheit
Die westdeutsche Welt muss den Frauen aus Ostdeutschland bei ihrer Ankunft fremd vorgekommen sein. Nach 1990 gab es in den alten Bundesländern zwar einen Mangel an Kitas, aber es gab viele gebildete Mütter, die zu Hause blieben und ihre Kinder großzogen. Ich glaube, dass jetzt die Ära des Feminismus angebrochen ist. Frauen jüngerer Generationen fragen sich oft, warum sie in ihrem Land nicht mehr weibliche Vorbilder in Machtpositionen sehen, zum Beispiel in DAX-Vorständen und im Bürgermeisteramt. Deshalb nach
Anne Hähnig Alter: 34 Jahre
Anne Hähnig leitet das Leipziger Büro der ZEIT und ist deren Chefredakteurin. Sie studierte Politikwissenschaften an der Universität Leipzig und wurde 1988 im sächsischen Freiberg geboren. Sie besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Sie fragt sich, ob, in welchem Ausmaß und aus welchen Gründen Ostdeutschland unabhängig bleiben wird und was das für den Rest des Landes bedeuten könnte. Anne Hähnig begann ihre akademische Laufbahn an der Universität Leipzig,
Sie schloss ihr Studium der Politikwissenschaft mit einem Bachelor ab, wechselte dann für ihren Master an die Ludwig-Maximilians-Universität München und schrieb sich an der Deutschen Journalistenschule ein. Seit Kurzem ist sie Redakteurin bei der Leipziger Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Die besten der Welt in der Anpassung
So merkwürdig es klingen mag, ich habe von ostdeutschen Frauen im Kreißsaal erfahren. Als ich vor kurzem das Leipziger Universitätsklinikum besuchte, fiel mir im Flur der Entbindungsstation eine Grafik auf: «Geburtenzahlen 1941 bis 2018». Sie belegt, dass hier innerhalb von zwei Jahren kaum Kinder geboren wurden. Das erste war 1948, kurz nach Kriegsende. Nach der Friedlichen Revolution 1994 gab es sogar noch weniger Geburten. «Die Wiedervereinigung hatte deutlichere Auswirkungen als der Krieg», sagte eine Hebamme.
Mehr als nur praktisch
Auf den ersten Blick könnte man diese Grafik mit dem Klischee erklären, dass Frauen aus dem Osten praktischer seien. Frauen in den neuen Bundesländern bekamen Anfang der 1990er Jahre kaum Kinder, vielleicht weil sie zu große Angst vor der Wiedervereinigung hatten oder weil sie zu sehr darauf fokussiert waren, in eine neue Welt aufzubrechen. Pragmatisch bedeutet, realistisch zu sein und sich darauf zu konzentrieren, eine praktische Antwort zu finden.
Anne Hahnig
ist Absolventin der Deutschen Journalistenschule in München und wurde 1988 in Freiberg im Erzgebirge geboren. Als Redakteurin im Leipziger Büro der Wochenzeitung DIE ZEIT berichtet sie hauptsächlich über Nachrichten aus Ostdeutschland und der Region. Meiner Meinung nach reicht das nicht aus, um die einzigartigen Eigenschaften vieler ostdeutscher Frauen zu erklären. Diese Damen sind meiner Meinung nach wirklich realistisch. Sie können und werden sich an alle Umstände anpassen, die das Leben ihnen bietet. Wenn sich die Umstände ändern, passen sie ihre Familienziele schnell an. Sie sind besser als alle anderen auf der Welt, wenn es um Anpassung geht.
Das Hindernis für die Befreiung
Starke, unabhängige Frauen aus dem Osten waren die Norm, als ich in den 90er Jahren als Kind in Sachsen aufwuchs. Erst viel später begann ich, mir Gedanken über sie zu machen. Frauen sind der Kitt, der meine Familie (und die meisten Familien, die ich kenne) zusammenhält. Sie sind die Autoritätsträger. Sie haben mich inspiriert, in der Schule hart zu arbeiten und als junges Mädchen an mein eigenes Potenzial zu glauben. Überraschenderweise glaube ich nicht, dass mir zu Hause beigebracht wurde, eine Feministin zu sein. Ich muss unabhängig und selbstbewusst sein. Aber eine Verfechterin der Gleichberechtigung der Geschlechter?
Ich bin in der Überzeugung erzogen worden, dass man Beschwerden zwar kritisch gegenüberstehen kann, sie aber am besten ignoriert. So kommt man voran. Mit der Zeit wurde mir bewusst, unter welchem Druck ostdeutsche Frauen in der DDR standen. Viele Leute, die ich kenne, haben immer nur erwähnt, wie freizügig sie sich damals fühlten. Und dass sie mit Vollzeitarbeit, Kinderbetreuung, Haushalt und ehrenamtlicher Arbeit so überfordert waren, dass sie allein für die Hausarbeit viermal so viel Zeit aufwendeten wie Männer?
An einer Stelle unseres Gesprächs teilte Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Stiftung Aufarbeitung und Autorin eines Buches zum Thema, diese Einsicht. „Ich glaube einfach nicht, dass die DDR ein großartiges Beispiel für Emanzipation ist“, sagte Kaminsky. Ich möchte mich dieser Metamorphose irgendwie widersetzen. Nach den Daten, die mir vorliegen, war der Mauerfall für Frauen im Osten besonders hart. Sie begannen schon in jungen Jahren, ihre Arbeit zu verlieren und in Armut zu geraten. Sie hätten diejenigen sein sollen, die innerhalb der Gruppe Verluste erlitten.
Können Sie sich erinnern, sie schon einmal stöhnen oder ächzen gehört zu haben? Heute hat sich die Situation jedoch geändert. Heute sind osteuropäische Frauen statistisch gesehen besser ausgebildet als osteuropäische Männer. Außerdem ist ihre Arbeitslosenquote niedriger. In den 1990er Jahren verließen Frauen ihre Heimat viel häufiger als Männer und gingen auf der Suche nach wirtschaftlichen Möglichkeiten ins Ausland. Aus diesem Grund gibt es in manchen Teilen Osteuropas heute fast keine Frauen mehr.
In Ermangelung einer solchen Meinungsverschiedenheit
Die westdeutsche Welt muss den Frauen aus Ostdeutschland bei ihrer Ankunft fremd vorgekommen sein. Nach 1990 gab es in den alten Bundesländern zwar einen Mangel an Kitas, aber es gab viele gebildete Mütter, die zu Hause blieben und ihre Kinder großzogen. Ich glaube, dass jetzt die Ära des Feminismus angebrochen ist. Frauen jüngerer Generationen fragen sich oft, warum sie in ihrem Land nicht mehr weibliche Vorbilder in Machtpositionen sehen, zum Beispiel in DAX-Vorständen und im Bürgermeisteramt. Deshalb nach