Iris Sayram Wikipedia –Iris Sayram machte nach einer schweren Kindheit in Armut Karriere als Journalistin und Anwältin. In ihrer aktuellen Funktion als juristische Beraterin des RBB-Intendanten ist die Powerfrau mit dem Karriereaufbau beschäftigt, 2023 wechselt sie als Bundespolitikkorrespondentin zur ARD. Sayram wird dort über aktuelle Ereignisse in Berlin sprechen.
in Kontakt bleiben. Doch wie wurde aus der eloquenten Frau ein perspektivloses, armes Mädchen, eine der bekanntesten Journalistinnen Deutschlands? Hier erfahren Sie ihre wechselvolle Geschichte. Iris Sayrams Herkunft: Ihre Mutter war Prostituierte, ihr Vater nahm Drogen. Ein Gespräch.
Die Familie lebte im Kölner Fririesenviertel, umgeben von Bars, Kneipen und Drogensüchtigen. Und mittendrin: meine kleine Tochter Iris. Ihre Mutter saß mehrfach im Gefängnis, immer wieder war der Strom abgestellt. Als Kind verbrachte Iris Sayram mehr Zeit im Kölner Gefängnis als in der Stadtbücherei. In ihrer heutigen Funktion trägt sie die Titel einer promovierten Juristin und preisgekrönten Journalistin. „Für Dich“ ist Iris Sayrams Buch, in dem sie die Geschichte ihrer Karriere erzählt.
Warum hast du dich entschieden, deine Geschichte zu schreiben? Ich habe mich angepasst, mich verloren und war innerlich bis zur Ignoranz verstört. „Ach, Thailand geht nicht? Oh, tut mir leid, es ist so schlimm. „Heul mir die Seele aus dem Leib und du fliegst auf jeden Fall direkt nach Mallorca“, war eigentlich mein erster Gedanke. Aufgrund der unheilbaren Krankheit meiner Mutter konnte ich nirgendwohin fliegen und hatte andere Sorgen.
Als meine Mutter starb, hatte ich große Angst und fragte mich, warum ich das all die Jahre getan hatte. Der Grund, warum ich jedes Mal zögerte, wenn das Thema „Assis“, „Hartzis“ oder „Kanaken“ wieder aufkam. In meiner Parallelwelt wollte ich sagen, wie wahr es ist, am Rande der Gesellschaft zu leben.
Meine türkische Mutter und mein türkischer Vater haben zwar viel Nebel aufgebaut, aber sie waren trotzdem unglaublich wundervolle, fürsorgliche Eltern. Für mich ist das wie ein Coming-out und ich hoffe, dass vielleicht ein anderes Kind in einer ähnlichen Situation davon inspiriert wird, weil es zeigt: Es gibt einen Ausweg.
Werden beim Schreiben nicht unangenehme Erinnerungen wach?
Ja! Als mein Vater starb, ging das sehr schnell. Nach seinem Tod war ich richtig erleichtert. Nicht nur, weil er seine Lebensfreude verloren hatte. Durch seinen Tod konnte ich Fragen nach ihm aus dem Weg gehen. Als ich mich beim Schreiben daran erinnerte, traf es mich. Da war ich am Ende. Oder natürlich der Verrat meiner Mutter. Das war einfach nur Scheiße und verfolgt mich bis heute.
Dann kam auch Ihre Mutter ins Gefängnis. Was dachten Sie darüber?
Dennoch wurde ich bereits an einen Verrat durch Dunkel erinnert. Während der Polizist meine Mutter physisch aus meinem Leben entfernen musste, weinte ich und weinte und sperrte sie ein. Während der zweiten Verhaftung hatte ich kein Ventil, kein Ventil. Als ich das realisierte, war ich eher gelähmt und unbeweglich. Ich wusste nicht, wohin ich ging.
„Ich lasse mich einfach gehen“, dachte ich, als ich auf dem Balkon in der Wohnung meiner Mutter stand. Dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit wünsche ich niemandem. Bei meinem Vater war es genauso. Er musste sich kalt zurückziehen, weil er so abhängig war. Hätte er mich in eine Sterbehilfeklinik gebracht, wäre ich im Kinderheim gelandet. Meine größte Angst war, dass ich auch meinen Papa verlieren würde.
Ich habe das zunächst gar nicht gemerkt. Es war eine unbändige Lebensfreude, obwohl wir – so komisch es klingt – zu Hause immer viel gelacht haben. Wir haben die Dinge so genommen, wie sie waren und das Beste daraus gemacht, was wir konnten.
Aber natürlich habe ich schon in der Grundschule gemerkt, dass es bei anderen ganz anders ist. Am Montag drehte sich die erste Stunde der Sendung um das Wochenende. Mitschüler berichteten, dass sie tolle Abenteuer erlebt oder viel gegessen hätten. OK, besser aufhören, dachte ich.
Die ersten Abwehrreaktionen gab es schon in der Grundschule. «Wie siehst du das?» Und was hast du dann damit gemacht? «Fettmatt» haben sie mich genannt, als der Strom abgestellt wurde und ich mir nicht mehr die Haare waschen konnte. «Deine Mutter sieht aus, als wäre sie in einen Farbtopf gefallen», hat mal ein Junge gesagt. Er unterstellt ihr damit, sie sei in der Prostitution tätig. Oder die Szene mit der Familie meiner Mutter: Als ich sagte: «Ich will Abitur machen», wurde ich beleidigt. So würde ich lachen, wenn es in meinem Leben einen Spielmacher gegeben hätte.
Sehr schlecht. Warnzeichen! Klar, auf dem Papier sieht es super aus: Den Schulen geht es gut, den USA geht es fast auch gut! Aber in der Praxis ist es völlig falsch. Die Kosten für Bildung sind unglaublich hoch. Wenn man in der Schule nicht gut ist, macht das einen großen Unterschied für die Familie. Tolles Lernmaterial (Bücher, Kurse), man bezahlt Nachhilfe für das Kind, man bekommt Hilfe bei den Hausaufgaben und wer es sich leisten kann, bekommt sie auch.
Ich kenne niemanden, der seine Prüfungen ohne den sogenannten Rezitationsraum absolviert hat; ich habe Jura studiert. Noch heute kostet der Rezitationskurs rund 2.000 Euro. Damals war die Summe für mich beunruhigend.
Erstens gibt es Crashkurse und Lehrbücher, zweitens gibt es die Notwendigkeiten des Lebens wie Miete, Strom, Telefon und Essen. Unter diesen Bedingungen ist die Wahrscheinlichkeit, gute Ergebnisse zu erzielen, sehr gering. Ich bin kein Wunderheiler, ich bin nur ein ganz normaler Mensch. Das war einfach eine Glücksfalle. Wie viele Menschen haben nicht so viel Glück? Darüber hinaus finde ich es unglaublich unfair, dass es hier keine überzeugende politische Idee gibt.
Am Mittwoch haben Sie Familie. Wie beeinflussen Ihre Geschichten den Unterricht?
Mir ist es wichtig, dass die Kinder verstehen, dass unser Wohlergehen nicht garantiert ist, egal woher sie kommen. Ich bin jetzt nicht reich, aber die Angst, aus der Wohnung fliehen zu müssen oder den Strom abgestellt zu bekommen, ist nicht da. Ich putze meine Wohnung lieber selbst.
Auf die Idee, dass man einfach jemanden dafür bezahlen kann, einem die stinkenden Socken auszuziehen, sollte man nicht kommen. Wir versuchen auch, den Konsum einzudämmen, wobei ich persönlich noch nicht ganz so weit bin. Der Sitz ist zu niedrig, um ständig direkt Gelder freigeben zu müssen. Im Transferleistungsvertrag durften wir nichts hinterlegen.
Inwieweit war die Debatte über die Ereignisse der Silvesternacht in Berlin aus Ihrer Sicht fruchtbar?
Mit zwiespältigen Gefühlen. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als mir mein Vater seine „Gasplemm“ (oder Schreckschusswaffe) gab und wir uns gegenseitig mehrmals in die Luft schossen. Natürlich warfen wir keinen Speer aus dem Glas, aber mein Vater hatte einen in der Hand. Dieses Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei ist sogar ein bisschen unter meinem Radar. Aber dieses Jahr war es einfach unglaublich.
Das ist Respektlosigkeit, ein aggressiver Genderdiskriminierungskurs, der nichts mit der Nationalität zu tun hat. Aber jetzt geht es in den Diskussionen um so banale Details wie Namen. Ich verstehe auch nicht, warum die Stadt es so schwer macht, hier stärkere Zugänge zu bekommen – und das auch nur mitten in der Nacht, um die entsprechenden Straßen zu räumen und die Situation zu entschärfen.
Ich glaube, die Hemmschwelle für Übergriffe wird sinken – nicht nur an Silvester, nicht nur in Neukölln – wenn wir es zulassen. Iris Sayram würdigt ihre Mutter mit ihrem ersten Buch und ist sehr dankbar. Heute ist Sayram Justiziarin, RBB-Ermittlerin und ARD-Korrespondentin on air. Sie wuchs in Köln-Kreuzberg als Kind von Sexarbeiterinnen und Heroinabhängigen auf.
Auch wenn ihre Kindheit traumatisch war, erinnert sie sich an eine überwiegend glückliche Kindheit, die ihre Mutter ihr ermöglichte. Irmtraud alias Mimi bleibt unbesiegt, egal ob sie selbst zur Prostituierten gezwungen wird, sich mit HIV infiziert oder wegen Ladendiebstahls im Gefängnis landet.