König des Toilettenpapiers –Pandemien und Kriege haben die Tissue-Industrie stark beeinflusst. Trotz allem behält Martin Krengel, Familienoberhaupt des Markenherstellers Wepa, Ruhe und erfindet sich in seinen letzten Jahren neu.
Martin Krengel hat einst ernsthaft darüber nachgedacht, Fußballprofi zu werden. Betrachtet man ihn heute, kann man sich den Wepa-Vorsitzenden gut als jungen Mann vorstellen, der seinen Untergebenen gegenüber Selbstbewusstsein und Sicherheit ausstrahlt. Nur der irrwitzige Egoismus, den viele andere Torhüter haben, fehlt ihm, oder er kann ihn sehr gut verbergen.
Sein Verständnis für das Spiel beweist er, indem er mit einer Stimme spricht, die Vertrauen einflößt, und gleichzeitig unmissverständlich klar macht, was in der Branche vor sich geht. Er hat es vielleicht nicht als Profifußballer geschafft, aber er ist zu einem der einflussreichsten Experten auf dem Gebiet des Tissue-Papiers geworden, mit einer nahezu konkurrenzlosen Beherrschung der großen und kleinen Rollen des Spiels.
„König der Kosmetiktücher“
Der 1957 geborene Sauerländer war die letzten 37 Jahre am Arnsberger Stammsitz der Westfälischen Papierfabrik (Wepa) tätig, überwiegend zwischen den Posten. Nachdem er 1990 in die Geschäftsführung des Unternehmens eingestiegen war, beförderte ihn seine Familie 2001 zum Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer. Seitdem entwickelte sich das Familienunternehmen zum größten deutschen Tissue-Hersteller und zum drittgrößten Europas.
Krengel arbeitet seit 1985 im Familienbetrieb, damals stieg er ein, um seinem Vater zu helfen. Für ihn gilt das in mehrfacher Hinsicht; spätestens 2022 soll Krengel das Kommando über die Hochseeflotte übernehmen. Rasant steigende Kosten gingen mit unvorhersehbaren Höhen und Tiefen einher, die durch Lieferschwierigkeiten und Corona verursacht wurden.
Manchmal kam es sogar so weit, dass Geräte vom Netz genommen werden mussten. Der Sturm kam genau zur richtigen Zeit: Er fiel mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der damit verbundenen steigenden Inflation zusammen. Krengel sagte der LZ: «Wir werden immer der Welle hinterherjagen.» Ein Kapitän sagte: «Wepa hat die Bugwellen fest durchquert», was nicht nur für die Mission, sondern auch für sein eigenes Selbstvertrauen entscheidend war.
Die Geschichte von Wepas und damit auch von Krengels war lange eine Erfolgsgeschichte. Das Wachstum der deutschen Discounter seit den 1990er-Jahren kam den Herstellern bekannter Marken zugute. Mittlerweile verfügt das Unternehmen über fünf Fabriken in Deutschland und dreizehn in ganz Europa. Der Beginn der Corona-Pandemie war, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung, der Höhepunkt.
Die Medien nannten Martin Krengel den „König des Toilettenpapiers“. Als Schlüssellieferant eines Produkts, das ab Frühjahr 2020 zur Kulturikone wird. Wepa bekam wegen Corona viel Presse. Und steckte mehr als einmal in Schwierigkeiten. Die Herausforderungen, denen er sich in den vergangenen drei Jahren stellen musste, so Krengel, seien mit nichts zu vergleichen, was er in seinen über 30 Jahren bei dem Unternehmen erlebt habe.
Seit Beginn der Pandemie ist nicht nur nichts mehr wie vorher, sondern in der gesamten Produktionskette der Tissue-Produkte absolut nichts mehr. Alles, was sorgfältig vorbereitet und kalkuliert war, ist zu Ende. Der Toilettenpapier-Hype sei laut Krengel „das Schlimmste“ gewesen, was dem Einzelhandel hätte passieren können, führte er doch zu einer tristen Leere in den normalerweise gut sortierten Läden. Die unkontrollierbare Volatilität der Rohstoffmärkte trieb die Toilettenpapierpreise in nie gekannte Höhen.
Unerwünschter Rekordversuch
Was Corona mit sich brachte, sei damals völlig unerwartet gewesen. Viele der Auswirkungen würden sich in den USA erst jetzt zeigen, sagt er. Effizienz und reibungslose Abläufe seien im Tissue-Geschäft wichtiger als in vielen anderen Branchen.
Der Wert des Produkts ist zu gering, als dass es sich lohnen würde, es einzeln zu verkaufen. Oberflächlich betrachtet scheint die Tissue-Industrie unkompliziert zu sein: Die Hauptkosten bei der Herstellung von Toilettenpapier, Küchentüchern und Einstecktüchern sind Fasern, Energie und Arbeit.
Allerdings kam es aufgrund gestörter Lieferketten zu einem Mangel an Zellen, während Mitarbeiterabgänge wegen Corona und der Kriegsausbruch in der Ukraine die Energiekosten in die Höhe trieben. In der Folge verzeichnete die Wepa SE einen neuen Umsatzrekord und erhöhte ihre Kosten und Spendenpreise, was für vieles gut, aber kaum ein Grund zum Feiern war.
Verluste von bis zu 1,6 Milliarden Euro. Fast 25 Prozent Umsatzplus trotz leicht gesunkener Gewinnmarge. Krengel argumentiert, der Anstieg sei rein inflationärer Natur. Das Ergebnis habe sich keineswegs verbessert, „im Gegenteil“. Wegen der branchenweiten Kostenexplosion sei Wepa wie seine Konkurrenten nicht in der Lage gewesen, dauerhafte Preiserhöhungen durchzusetzen.
Wepa durchlebt eine der schwierigsten Phasen der Firmengeschichte. Das verlangt selbst dem erfahrensten Manager viel ab. Er muss sich umgehend neuen Aufgaben stellen, innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Krengel vermied es lange, sich öffentlich dazu zu äußern.
Kommerzielle Anfragen
Er wollte Orientierungspreise im Markt, weil Preisdiskussionen so häufig (fast wöchentlich) stattfanden. Zwar gab es vereinzelt Berichte über unpopuläre Preistreiberei, aber die LZ-Daten zeigten, dass sich dieser Druck nicht ausbreiten konnte. Deshalb drängt er weiterhin darauf und sagt Dinge wie: „Angesichts der derzeit hohen Volatilität brauchen wir kollektive Lösungen.“
Außerordentliche wirtschaftliche Herausforderungen wie die Energiekrise, die Coronavirus-Pandemie, Lieferkettenunterbrechungen und die Inflation führten zu einer veränderten Art der Zusammenarbeit von Unternehmen. Wepa pflege seit vielen Jahren eine „vertrauensvolle Beziehung“ zu ihm, wie der Firmenchef gerne sagt. Diese Partnerschaft werde „offene Gespräche“ beinhalten.
Und solche Diskussionen habe es in den vergangenen Jahren viele gegeben. Aber er sagte: „Ich persönlich glaube, dass heute mehr Verständnis füreinander herrscht. Wer Krengel kennt, weiß, dass er ein Diplomat ist. Das Problem kann nicht allein durch Regulierung gelöst werden. Diese müssen gemeinsam erarbeitet werden.“
Auch Unternehmen sollten die Politik weiterhin unterstützen. Was noch passieren könnte, zeigt die Pleite von Hakle. Kurz vor Ende der Ferienzeit forderte der Anwalt öffentlich weitere Verbesserungen beim Energiepreisdeckel.
Inmitten des Chaos wird ihm bewusst, dass die letzten Jahre auch seine eigene Mannschaft von rund 4000 Mitarbeitern überfordert haben. „Liebe und nette Worte allein reichen nicht“, sagte Krengel, Vorsitzender der Tarifkommission der Industriegruppe „Papierindustrie“. Dem Vernehmen nach haben die Parteien in einer jüngsten Verhandlungsrunde „einen guten Tarifabschluss in dieser äußerst schwierigen Situation“ erzielt.
Die Arbeitnehmer erhalten insgesamt 3.000 Euro in 24 Monatsraten, steuer- und sozialversicherungsfrei. Vereinbart wurde, dass Auszubildende jeweils 1.200 Euro erhalten, um die steigenden Lebenshaltungskosten der Verbraucher auszugleichen.
Darüber hinaus werden die Entgelte ab dem 1. Januar 2023 um einen Pauschalbetrag von 150 Euro brutto und ab dem 1. April 2024 um weitere 50 Euro brutto erhöht. Dies wäre ein klares Zeichen des Respekts: Gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir uns dazu verpflichtet, die anhaltende wirtschaftliche Krise mit größtmöglicher Kraft zu meistern.
Neben seiner Krisenmanagement- und Führungsrolle hat Krengel von Anfang an eine zentrale Rolle gespielt. Als Inhaber eines Familienunternehmens ist es seine Pflicht, das Vertrauen zu wahren, das seine Brüder und deren Familien vor so vielen Jahren in ihn gesetzt haben. „Wir wollen auch für die kommenden Generationen ein Familienunternehmen bleiben“, sagte er.
Wepa legt Wert auf eine „gute Balance zwischen Familienunternehmen und Professionalisierung“ über mehrere Generationen hinweg. Das bedeutet ein gesundes Maß an externer Expertise und vertrauenswürdige Familienmitglieder in Führungspositionen.
Mit etwa 60 Jahren wird das Thema Nachfolge im Hause Krengel immer wichtiger. Krengel vermutet, dass dies zu „Spannungen“ innerhalb der Gruppe führen könnte. Daher bin ich erleichtert, dass wir uns sofort damit befasst haben. Seine Brüder hatten ihn gebeten, seinen Sohn Andreas zu bitten, „sein Haus in den Ring zu werfen“.
Geregelte Nachfolge
Andreas Krengel ist seit 2018 im Unternehmen, seit 2021 CEO und seit August 2022 Leiter Professional und Neue Geschäftsbereiche. Wann genau der Wechsel erfolgen wird, will er allerdings nicht sagen. Er betonte, dass das Ziel des Nachfolgeprozesses nicht darin bestehe, dass seine Familie das Unternehmen weiterführt, sondern vielmehr dessen langfristige Profitabilität und die damit verbundenen, unvermeidlichen Veränderungen sicherzustellen.
Bis zur Übergabe wird Wepa die eigenen Ziele konsequent verfolgen; „Gerade im Sinne der Nachhaltigkeit wollen wir gemeinsam mit unseren Kunden Konzepte für den Endverbraucher entwickeln“, heißt es. Auch in Martin Krengels letzten Jahren hat sich Wepa weiterentwickelt und ist seinen Gründungsprinzipien treu geblieben. So präsentierte der Recyclingpapier-Experte jüngst das erste Papier aus ausrangierten Verpackungskartons.
Die Verfügbarkeit von Kartonverpackungen ist eine direkte Folge des rasanten Anstiegs des Online-Shoppings. Er fügt hinzu, dass die Verwendung einer Faser, die bereits mehrfach im Verpackungszyklus verwendet wurde, „ein weiterer technischer Fortschritt“ für Wepa sei.
Durch die Wiederaufbereitung alter Zeitungen werde ihr „Fußabdruck erheblich verbessert“. Während sich Wettbewerber aus dem Recyclingpapiermarkt zurückziehen, bekennt sich Ihr Unternehmen offen zu dieser Praxis.
Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass dieser Schwerpunkt angesichts der erheblichen Kapitalinvestitionen, die für das Recycling von Papier erforderlich sind, und des Mangels an Zellulose-Ethanol beibehalten werden muss. Krengel hat in den letzten 37 Jahren in seinem Unternehmen, Deutschlands größtem Hersteller von, viele Hüte getragen.