Familie Samuel Giger – Trotz des Verbots, mehr als zwei Kinder gleichzeitig zu haben, entwickelten sich die von Weissenfluhs zu einer gefürchteten Schwingerdynastie. Dank Samuel Giger war die Hasliberg-Dynastie nie so stark wie heute.
Peter von Weissenfluh, der Sohn eines Bauern, erwies sich trotz des Schwingverbots seiner Eltern in den 1960er-Jahren als ziemlicher „Bösewicht“. Heute ist er 78 Jahre alt, hat aber bereits acht Kranzfeste und drei Eidgenössische Kränze gewonnen.
Ein wahres Drama ereignete sich am letzten Sonntag im Juli 1960 unweit des Weissenfluh-Hauses. Auf der letzten Etappe des Brünig-Schwingets attackierte der Haslitaler Beat Thöni unbeeindruckt den überragenden Favoriten Karl Meli, musste sich aber vom Schweizer erbittert verteidigen lassen. Thöni brach sich dabei ein Bein und sitzt heute im Rollstuhl.
Peter von Weissenfluh erinnert sich: «Ich war damals sechzehn und wollte selber mit dem Schleudern anfangen.» Doch nach dem schlimmen Unfall unseres guten Freundes Beat verboten mir meine Eltern, die Schwinghalle zu betreten.
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Mit 18 Jahren wurde der Bauernsohn für ein Jahr in die Romandie geschickt. Dort lernte er den Schwingerkönig Willy Lardon kennen und hatte Gelegenheit, von ihm die Hüfter-Spezialität zu erlernen. Nach der Rückkehr nach Hasliberg führte Peter gleich ein direktes Gespräch mit seinen strengen Eltern: «Ich werde in Zukunft an Schwingenfesten kämpfen, egal, ob das für euch passt oder nicht.» Der Langsamstarter setzte seinen Plan eindrucksvoll um. Weissenfluh gewann acht von zehn Kranzfesten, den Eidgenössischen Kranz gewann er dreimal.
Wir stellen vor: Kilian und sein „Hobby-Schwager“ Giger, Samuel
Seit Peter von Weissenfluh im Herbst 1980 in den Ruhestand geht, streiten sich seine Söhne um altes Mehl. Christian feiert seinen 23. Kranzfestsieg. Peter Junior, der gerade mal 1,70 Meter gross ist, hat zwar nicht die beste Ausrüstung für Steinschleuder-Wettbewerbe, erringt aber trotzdem 13 Eichenlaubpreise.
Als ich den Brünigkranz gewann, wog ich gerade mal 78'000 Gramm. Peter junior machte seine mangelnde körperliche Kraft mit brillanter Technik wett. Und nun kann «Petsch» mit doppeltem Optimismus auf den Kilchberg-Flügel blicken. Samuel Giger, nach sieben Saisonsiegen Favorit vom Samstag, ist neu ein Mitglied der Weissenfluh-Familie. Der Thurgauer ist seit zwei Jahren mit Peters Tochter Michelle liiert. Und dann ist da noch sein Sohn Kilian, einer der grössten Aktivisten des Berners auf dem Platz.
Neun Trophäen hat der 25-Jährige dieses Jahr bereits gesammelt. Seinen ersten Kranzfest-Sieg feierte der 1,87 Meter grosse Mann vor drei Wochen im Emmental. Wie oft hat er vorher mit Giger trainiert? «Wenn mein Hobbyist am Wochenende bei meiner Schwester auf dem Hasliberg weilt, spielen mein Bruder und ich oft eine Partie Jass. Gemeinsam trainiert haben wir aber noch nie», sagt Kilian.
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„Kili“ hat erst vor relativ kurzer Zeit ein Training mit seinem mittlerweile 78-jährigen Großvater absolviert. Ich wünschte, ich könnte diesen Schwung auch so gut meistern wie er, aber leider ist dieser Tag noch nicht gekommen. Kilian macht die Arbeit seines Vaters zum Kinderspiel. Onkels „Waffe“ in dieser Situation. „Ich habe den hohen Schwung meines Vaters geerbt, habe gelernt, in Christians Griffen zu schwingen und habe auch seinen unstillbaren Siegeswillen übernommen.“
Die berüchtigte Kilchberg-Frisur aus „Chrigels“
Kilian ist sich bewusst, dass sein Onkel die sportliche Entwicklung des Ringens in den 1990er-Jahren massgeblich beeinflusst hat. «Damals», heisst es im Artikel, «wurde Christian gar als Schwarzenegger des Salbeimehls bezeichnet.» Massgeblichen Einfluss auf die sportliche Entwicklung von Christian von Weissenfluh hatte Sportarzt Bernhard Segesser, der als Arzt des Skigebiets Pirmin Zurbriggen bekannt wurde. In dieser Zeit begann auch die Zusammenarbeit mit dem Mann, der zuvor Bernhard Russis Mentaltrainer gewesen war.
Wie sehr die Russis, die Seelenklempner aus Weissenfluh, zu dieser Zeit begonnen hatten, sich selbst zu vertrauen, zeigt ein Vorfall, der sich vor dem Kilchberg-Schwinget 1996 ereignete: Bevor ich nach Kilchberg aufbrach, sagte ich zu meinem Coiffeur: «Du solltest mir die Nummer 1 in den Hals reißen.»
Zunächst deutet einiges darauf hin, dass die Teilnehmer des Unspucken-Finals von 1993, nämlich die bösen Ostschweden Urs Bürgler und Jörg Abderhalden, in Kilchberg nach vorne rücken werden. Selbst der starke Schweizer Heinz Suter ist ihm nicht gewachsen. Doch der Berner Senior Rolf Klarer trifft in der fünften Runde auf den Basler und muss sich mit dem vierten Platz zufrieden geben.
Samuel Giger Familie: Seine Mutter ist Berberin und stammt ebenfalls aus einer Schwingerfamilie (u.a. mit dem einst berühmten Berner Spitzenschwinger Ruedi Grossmann)
Der 55-Jährige arbeitet heute als selbstständiger Bauunternehmer. Nachdem sein Vater als Betrüger in Rente ging, wurde er als Ländlermusiker weithin bekannt. Der Klarinettist, der seit 14 Jahren in Bunderland lebt, hat 920 eigene Stücke geschrieben.
Insgesamt war es eine tolle Lernerfahrung. Aber ich wollte nach all dem Lernen und RS mal etwas Neues ausprobieren. Der Beruf des Chauffeurs ist heute körperlich weniger anstrengend. Das kommt mir beim Training zugute. Ich merke, dass meine Konzentration und vor allem meine Kraft zugenommen haben. Aber ich verbringe immer nur etwa 20 Minuten am Stück hinter dem Steuer. Der nächste Schritt ist das Ein- und Ausfahren in den Standort.
Teilzeitarbeit ist doch nicht nötig, oder?
Sponsoringverträge während der aktiven Karriere eines Sportlers können finanzielle Sicherheit für Jahre ohne Wettkampf bieten. Allerdings arbeiten alle Schwinger-Mitarbeiter Vollzeit. Höchstwahrscheinlich wird mich jemand erkennen. Die meisten Leute wollen einfach das Thema wechseln und haben nicht einmal Lust, noch ein Selfie zu machen. Wenn das der Fall ist, sage ich ihnen, sie sollen zu einem Schwingfest gehen. Ich fühle mich wohler, wenn ich Hosen und ein Tanktop trage.
Ich war nie ein Einzelgänger oder Playboy. Ich hoffe, dass ich so rüberkomme. Deshalb gehe ich selten aus oder besuche Nachtclubs. Deshalb werde ich im Moment auch nicht von weiblichen Verehrern überschwemmt. Es ist mir ziemlich egal, ob die Medien mich als „schönen Bösewicht“ oder so etwas bezeichnen. Es reicht mir, einfach meinem Freund in die Arme zu fallen. Ich habe sie übrigens über Schwing kennengelernt.
Wir fachsimpeln gerne, aber auch über andere Themen können wir uns unterhalten. Wenn sie abgenutzt sind, ersetzt meine Mama sie meistens durch ein neues Paar Hemden oder Turnschuhe. Wenn es um Kleidung und Stil geht, bin ich kein Ding.
Wer in einer Schwingerfamilie aufwächst, wird es wahrscheinlich irgendwann einmal ausprobieren. Schon als kleiner Junge wurde ich zu Schwingfesten mitgeschleppt. Für mich war und ist das Rudern eine tolle Lebenserziehung. Deshalb würde ich mich freuen, wenn mein Nachwuchs meine Begeisterung dafür teilt.
Weil es mir so viel Spaß macht, würde ich auf jeden Fall Ringen machen. Wahrscheinlich wäre ich dann nicht so erfolgreich gewesen. Aber auch wenn Ringer einen anderen Ansatz versucht hätten, wären sie vielleicht nicht so erfolgreich gewesen. Ich habe jedoch als Kind sehr von meiner Größe profitiert.
Meiner Meinung nach will jeder Sportler gewinnen. Für mich ist es entscheidend, kurz vor einem Kampf eine Reihe guter Erlebnisse zu haben, wie zum Beispiel einen kürzlichen Sieg. Dann rufe ich die angenehmen Gefühle hervor, die einem erfolgreichen Lauf folgen. Ich fühle mich durch die optimistische Stimmung gestärkt.
Persönlich
Der 1,94 Meter grosse Thurgauer hat in seinem Leben 35 Krause- und 14 Krantzfestsiege errungen. Seit seinem siebten Lebensjahr trainiert Sämi Giger beim Schwingerclub Ottoberg. Der 21-Jährige tritt vom 23. bis 25. August am Eidgenössischen Schwing- und Artistenfest in Zug an. Für Samuel Giger wäre es sein erster Titel in der Schwinger-Königsserie. Trotz der Verletzungspause im Frühling fühlt er sich für den Kampf gewappnet.
Am 20. Juli schaffte er, was zuvor noch keinem Schwinger gelungen war: Er gewann zum zweiten Mal in Folge das Weissenstein-Schwinget. Die Stille ist fast unheimlich. Ab und zu hört man einen lauten Knall oder ein Quietschen. Die Luft ist dick genug, um sich zu rasieren.
Die geröstete Salbeipaste brennt in Mund und Nase. Samuel Giger ist von Kopf bis Fuß mit einer dünnen Schicht gelben Salbeimehls bedeckt, wie ein gebratenes Schnitzel. Manchmal sieht man es in den Haaren, den Augen und sogar im Mund.
Doch das stört ihn nicht, im Gegenteil, er ist endlich in seinem Element. Er soll im Thurgau ein aufstrebendes Genie sein, aber Samuel Giger ist nicht überzeugt. Obwohl er erst 18 Jahre alt ist, wirkt er sehr konzentriert: Er ist sich seiner eigenen Fähigkeiten und Wünsche bewusst, für ihn ist es weniger wichtig, über das Thema zu sprechen.
Mit seinen Erfolgen prahlt er nie. Diesen Sommer belegte er am Schweizer Swing- und Alpenmusikfestival in Estavayer-le-Lac den zweiten Platz. Dann sagt er: „Darauf war ich völlig unvorbereitet.“ Viel hat sich seither nicht geändert. Dank seiner neuen Autogrammkarte, die neben mehreren anderen Fotos von ihm im Wohnzimmer hängt, wird er häufiger erkannt denn je. Das freut mich, aber ich kann mir vorstellen, dass es mit der Zeit zu einer Herausforderung werden kann.“